Obelix hat’s schon früh gewusst und bisher 22 mal gesagt: Die Spinnen, die Römer. Das Axiom der Gallier-Kenner ist nicht so neu. Was man so allerdings noch nicht wusste: Römer waren anständige Bürokraten und wer beispielsweise auf dem Limes am Rand zum wilden Germanien Dienst absitzen musste, der hielt sich als staatlich angestellter Grenzwächter streng an die Vorschriften. Exemplarisch für römische Beamtenkultur steht im Spiele-Bereich das neu bei Abacus erschienene Limes. Warum, das erkläre ich Euch im Folgenden.
Limes ist nicht wirklich neu. Das gab es bereits Anno 2008 und hieß damals noch Cities. Der Autor aus den Niederlanden mit dem fast schon nach Künstler klingenden Namen Martyn F. lud uns damals ein, Weltstädte zu besuchen und ihr touristisches Potential auszuloten. Das neue an diesem Spiel war, dass in jeder Runde immer ein Spieler eines seiner (gemischten) 24 Karten zog, deren Zahl ansagte und anschließend die ganze Runde - bis zu vier Spieler - dann tüftelte, wie rum und wo jeder das Plättchen mit genau dieser Nummer bei sich anbaut.
Zeitsprung: 2014 bringt Abacusspiele mit Limes ein etwas umgebautes Cities zurück. Einerseits hält die Box im praktischen Kleinformat nur noch Material für zwei bereit, andererseits hat die Redaktion nicht nur das Thema, sondern auch die Wertung komplett geändert. Wo in Cities einzig zusammenhängende Flächen zählten, hat nun jede der vier Landschaftsarten ihre eigene Art und Weise, Punkte zu bringen.
So richtig warm werde ich mit Limes nicht. Denn wie schon bei Take it easy knödelt jeder still vor sich hin. Das ist Solopuzzeln für interaktionsunfreudige Tüftler. Die einzige Kommunikation zwischen mir und meiner Spielpartnerin gleicht der Ziehung der Lottozahlen: „Die 1“. „Und die 23“. „Oha, jetzt die 13“. Unweigerlich fühle ich mich an das Klischee des altmodischen Pärchenabends erinnert: Beide hocken gemeinsam in der guten Stube, aber sie strickt und er bastelt am Radio rum.
Trotz der Unkerei: Das Prinzip ist toll, weil beide Spieler mit den genau gleichen Vorgaben ihre Punkteausbeute maximieren wollen. Und je nach Geschmack und Spielverlauf entstehen Wälder, Seen und Getreidefelder, die allesamt unterschiedliche Punkte bringen. Felder durch ihre schiere Größe, Seen dank anliegender Bootshäuser, Wälder wollen unterschiedliche benachbarte Landschaften und die Limes-Türme…ja, hier kommt das Thema und die römische Bürokratenseele durch. Türme bringen nämlich Punkte für Wälder in gerader Sichtlinie. Weil sich da Germanen drin verstecken. Wer eben den Wald überblicken kann, hat die Macht. Allerdings punkte ich immer nur bis zum nächsten Turm. Ab da übernimmt der Kollege, anderer Zuständigkeitsbereich, excusatio!
Im Grunde ist Limes anfangs komplett durchrechenbar. Ich kann mein Plättchen drehen und alle Optionen durchkalkulieren, um die optimale Lage zu finden. Je weiter das Spiel fortschreitet, desto schwerer wird dies allerdings: Die Anzahl meiner Figuren ist auf sieben begrenzt. Sollten sich neue, reiche Gebiete auftun, muss umgezogen werden. Das geschieht mitunter recht langsam. Und weil das Spielfeld auf 4x4 Felder begrenzt ist, muss ich irgendwann Kompromisse eingehen, vielleicht auch mal etwas riskieren und auf ein besseres Kärtchen warten. Weil von den 24 Karten aber nur 16 gespielt werden, bleibt ein komplettes Drittel ungenutzt.
Wer mit seinen Arbeitern im Schnitt sechs bis sieben Punkte macht, ist schon gut dabei. Hierzu braucht es ein wenig langfristige Planung und auch mal den Mut, ein mittelmäßiges Gebiet in der Hoffnung auf etwas besseres aufzugeben. Und der Holzfäller wird zum Fischer. Oder zum Wächter im Dienste Roms.
Wie kann also das Urteil eines Kritikers aussehen, der Solospiele grauenhaft findet? Gar nicht so schlimm wie man erwartet. Selbst wenn ich bei diesem Römer-Lotto-Puzzle (nicht zu verwechseln mit Römer-Bingo, was auch nicht mein Ding war) das gleichzeitige Legen der Karten um optimale Siegpunkte nur minimal als eine gemeinsame Beschäftigung erachte, ist die Idee doch pfiffig und sicherlich ganz hervorragend für Paare, die an still-konstruktiven Duellen Spaß haben oder solchen, deren Vokabular abends aufgebraucht ist. Berufstätigen Eltern zum Beispiel, die den ganzen Tag auf dem Wachturm standen und abends ihre kleinen Germanen ins Bett gebracht haben.
Nota bene: In diesem Artikel wurde aus Gründen des Jugendschutz darauf verzichtet, alkoholhaltige Wortspiele mit Erdbeerlimes anzubringen.